Dienstag, 27. November 2012

Zum Geburtstag von Bruce Lee

72 Jahre wäre er heute alt geworden - Bruce Lee, schon längst eine Legende innerhalb der Kampfkunstszene, aber auch ein Idol für viele Kampfkunstinteressierte.
Wie viele Menschen werden durch Bruce Lees Filme erst den Weg zur Kampfkunst gefunden haben?
Und dabei hat er ja lediglich fünf Filme gedreht, wovon einer sogar unvollendet bleiben musste.
Aber nicht nur in seinen Filmen hat er einen Maßstab gesetzt, der nach seinem viel zu frühen Dahinscheiden nicht mehr zu halten gewesen ist ( so hat Jackie Chan einmal in einem Interview zu verstehen gegeben, dass er keine Möglichkeit sehe, an die eher realitätsorientierten und von knallharter Action dominierten Filme Bruce Lees anzuknüpfen, weswegen er sich darauf verlegt habe, in seinen Streifen komödiantische und arg akrobatische Aspekte mit einfließen zu lassen ), sondern er hat auch - und das ist aus Sicht eines praktizierenden Kampfkünstlers höher zu bewerten - die gesamte Kampfkunstwelt revolutioniert und mit einem frischen Geist belebt, von dem 40 Jahre nach seinem Wirken immer noch weite Kreise innerhalb der Budo-Szene profitieren. So betonte Bruce Lee selbst ja immer, dass er in erster Linie Kampfkünstler sei und dass die Schauspielerei für ihn eher eine Möglichkeit biete, sich als Mensch, als Individuum auszudrücken. Und gerade darin liegt ja eine der Hauptforderungen seines Jeet Kune Do: Jeder Mensch sollte die Möglichkeit erhalten, sich selbst in seiner Einzigartigkeit zu erfahren und ausdrücken zu lernen. Zu diesem Zwecke mussten freilich die altbekannten und nur zu oft schon völlig ausgetretenen Pfade verlassen werden.

Es gab damals Stimmen ( und auch heute noch werden sie vereinzelt laut ) die behaupteten, Bruce Lee würde mit seiner Öffnung für die westliche Welt und später dann durch sein Aufnehmen diverser Einflüsse aus Stilen, die nicht dem weitgefächerten Angebot der chinesischen Kampfkünste entstammten, das "Kung Fu" verraten und einen Schaden speziell für die chinesische Kampfkunst hervorrufen.
Wer jedoch bereit ist, seinen Blick über die Grenzen des eigenen Stiles / Systemes zu erheben, der wird feststellen, dass diese Anschuldigungen haltlos sind. Ebenso wie über einer dichten Nebelwand und über den noch so trübesten Wolken der blaue Himmel und der lichteste Sonnenschein vorherrschen, so kann man auch eine wahrhaftige ErLEUCHTung erfahren, wenn man einmal über den Tellerrand schaut und sich selbst die Chance einräumt, den eigenen Horizont zu erweitern.

Bruce Lees solide Basis, auf der er seine persönliche Kampfkunst ( die übrigens in der Tat mit ihm gestorben ist ) weiterentwickelte, war das Wing Chun, das er in der Schule des letzten allgemein anerkannten Großmeisters dieses Systemes, Yip Man, erlernte. Jedoch darf man nicht vergessen, dass die Gesamtheit des Wing Chun - Systems Bruce Lee verschlossen blieb, da er seinen Unterricht bei Yip Man aufgrund seines Übersiedelns in die USA nicht beenden konnte. So lernte er beispielsweise nicht mehr die letzten Sektionen der Holzpuppenform (Mok Yan Chong Fa) und bot später Yip Man eine sehr große Summe Geldes, um diese Lücke noch schließen zu können, wurde jedoch von dem Großmeister abgewiesen, der von der inzwischen stark westlich geprägten Lebensart und dem "veramerikanisierten" Denken Bruce Lees enttäuscht und abgestoßen war. Als Bruce Lee merkte, dass er daher niemals die "Nummer 1" im Wing Chun werden konnte, vertiefte er seine theoretischen wie praktischen Studien verschiedener anderer Kampfkunststile und fand so allmählich den Weg zu seinem Jeet Kune Do.

Wer weiß, wie sich Bruce Lees Betrachtungen der Kampfkunst weiterentwickelt hätten, wäre er nicht so früh und unerwartet von dieser Erde abberufen worden?!
Auch wenn ich bereits erwähnte, dass seine persönliche Art des Kämpfens mit Bruce Lee gestorben ist, so hat er dennoch der Nachwelt durch seine Idee des Jeet Kune Do ein Instrument an die Hand gegeben, das nicht genug gepriesen und gelobt werden kann. Denn er hat deutlich und nacherlebbar gemacht, dass sich das Kämpfen stetig weiterentwickelt. Dadurch ist es ihm gelungen, in weiten Teilen der Kampfkunstszene ein Umdenken herbeizuführen, indem alte Dogmen und Theorien kritisch hinterfragt und teilweise behutsam durch neue Impulse ergänzt worden sind. Und nur so war es möglich, dass die Kampfkunst auch in der westlichen Welt nach wie vor überleben und ernst genommen werden konnte.
Bruce Lee hat nicht nur die Grenzen der Kampfkunst mit Hinblick auf viele traditionelle Stile und deren Anwendbarkeit für das reale Kämpfen aufgezeigt, nein, er hat vor allem eben der gesamten Budo-Szene eine Frischzellenkur verabreicht und auf vielen Feldern geradezu wie ein Jungbrunnen gewirkt, wovon heute noch diverse Kampkünstler und Kampfsportler profitieren.

Allein schon dafür gebührt ihm der höchste Respekt und der größte Dank.

In Demut sein Haupt vor diesem Ausnahme-Kampfkünstler neigend, verbleibt

Euer Sifu Kai

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