Montag, 12. Januar 2015

Über die Verantwortung eines Kampfkunstlehrers

Liebe Leserinnen und Leser,

mit dem Wissen um die Kampfkunst ist es ähnlich wie beim Handel mit gefährlichen Gegenständen oder Waffen - man sollte derlei nicht an jeden x-beliebigen Menschen weitergeben.

Immer wieder stoße ich auf Verwunderung oder gar Unverständnis, wenn ich offen eingestehe, dass ich nicht Jeden unterrichte. Vielmehr wähle ich meine Schüler sehr sorgfältig aus, und es kann durchaus passieren, dass ich Schüler, die mir während des Unterrichts unangenehm aufgefallen sind, vom weiteren Training ausschließe.

Wäre ich allein am Profit orientiert, wie es heutzutage leider in vielen Kampfsportschulen (vor allem bei den großen und marktwirtschaftlich erfolgreichen) der Fall zu sein scheint, dürfte ich freilich nicht so handeln.
Der Profit ist jedoch letzten Endes nur ein Nebenprodukt beim verantwortungsvollen Betreiben einer Kampfkunstschule. Im Vordergrund sollten eigentlich ganz andere Dinge stehen:

Die Veredelung des Charakters des Schülers muss schlussendlich folgende Resultate zeitigen:

- Eine Herausbildung von Pflichtbewusstsein und von Selbstbeherrschung

- Demut und Bescheidenheit

- Höflichkeit und Ehrgefühl

- Gerechtigkeitssinn und Weisheit

- Barmherzigkeit und Redlichkeit

- Mut und Ausdauer

Als Lehrer für Kampfkunst trage ich eine große Verantwortung.
Die Schüler werden mich nicht nur als Bewegungsvorbild (wovon sie sich ohnehin als Fortgeschrittene lösen sollen), sondern eben auch als Charaktervorbild ansehen.
Folglich muss mein Verhalten den Schülern gegenüber und auch in der Öffentlichkeit tadellos und unanfechtbar sein. Dass diese Forderung nicht immer einfach umzusetzen sein wird, steht außer Frage. Eben deshalb gilt es gerade für Lehrer / Meister der Kampfkunst, sich ständig selbst zu hinterfragen und kritisch das eigenen Handeln zu betrachten. Achte auf deine Gedanken, denn sie sind der Beginn deiner Taten!
Dieses Sprichwort erhält für Kampfkunstlehrer noch eine ganz gesteigerte Bedeutung.
Kein Mensch ist unfehlbar, und wer eine solche Unfehlbarkeit für sich selbst beanspruchen würde, dem könnte man allein schon dadurch seinen größten Fehl beweisen. Jeder Mensch kann jedoch tagtäglich danach trachten, das Gute zu tun und das Böse zu meiden.

Leider gibt es nun aber auch Menschen, die bereits für sich eine eindeutige Entscheidung für das Böse getroffen haben. Solche Leute gilt es für einen verantwortungsvollen Kampfkunstlehrer von der Kampfkunst fernzuhalten.
Ich persönlich würde niemals Menschen unterrichten, von denen ich vermuten müsste, dass sie die durch mich vermittelten Kenntnisse bewusst zum Nachteil anderer Menschen einsetzen könnten. Wer mit dem Vorsatz, Gewalt ausüben oder andere Menschen drangsalieren zu wollen, eine Kampfkunst erlernen möchte, muss gnadenlos abgewiesen werden. Die Kampfkunst darf einzig dem Schutz der Schwachen und Bedrängten dienen, niemals aber darf sie zu einem Instrument für Willkür und Terror entarten. Es ist die hehre Aufgabe eines jeden Kampfkunstlehrers, bei der Auswahl seiner Schüler diese oberste Gebot im Blick zu behalten.

Die allermeisten Gewaltverbrecher und Kriminellen wollen möglichst schnell zu einem Ergebnis gelangen. Da für das Erlernen einer Kampfkunst jedoch viel Zeit und Mühe veranschlagt werden muss, werden derlei Elemente ohnehin meist nicht von den Kampfkünsten angezogen.
Ein kleines Problem stellen da schon eher die großen, rein kommerziell orientierten KampfSPORTschulen dar, wobei ich keinesfalls alle über einen Kamm scheren möchte.
Nur ist es beispielsweise im Kickboxen leichter, innerhalb kürzerer Zeit Erfolge in Hinblick auf eine Straßenschlägertauglichkeit zu erzielen als in einer KampfKUNST.
Nicht jeder Kickboxer wird - gottlob! - zu einem Straßenschläger, vielmehr gedeiht die überwiegende Mehrheit dieser Sportler zu enthusiastischen Athleten mit allen Vorzügen.
Ich selbst habe schließlich früher Boxen und Kickboxen betrieben und bin Diplom-Trainer für Thai-Kick-Boxen. Demnach lasse ich auf diese Sportarten nichts kommen!

Was ich hier nur noch einmal verdeutlichen möchte ist das Problem des Massenunterrichts in einer Gruppe. Negative Charaktere werden in solch einer Gruppe besser untertauchen und sich verbergen können, bis sie die für ihre verwerflichen Ziele nötigen Fertigkeiten erlernt haben können. Es ist für einen Trainer in einer Sportschule äußerst schwer, wenn nicht nahezu unmöglich, in einer Gruppe von einem Dutzend oder mehr Schülern individuell auf die Belange jedes Einzelnen eingehen zu wollen. Folglich wird sich der Charakter der Schüler dem Trainer auch nicht wirklich offenbaren.
Nun kann man zu Recht anführen, dass dies ja auch gar nicht die Aufgabe eines Trainers in einer Sportschule ist. Und dann kann ich nur entgegnen: Eben, das ist ja das Problem.

Ich denke, ich habe nun meinen Standpunkt nachvollziehbar und klar verdeutlicht.
Nicht jeder wird sicher meiner Meinung sein, und das ist ja auch gut so, denn gerade die Vielfalt von Meinungen und Ansichten garantiert ja den lebendigen Diskurs zwischen den Menschen.

In diesem Sinne verbleibe ich wieder

Euer Sifu Kai


Freitag, 10. Oktober 2014

Denk- und Sinnsprüche

Liebe Leserinnen und Leser,

seit meinem letzten Blogbeitrag sind einige Monde vergangen, und inzwischen hat der Herbst Einzug in die hiesigen Gefilde gehalten. Wer angesichts der mitunter trüben Herbststimmung melancholische Gedanken entwickelt, der sollte sich aber vor Augen halten, dass jedes Absterben und Vergehen auch immer den Keim für etwas Neues in sich birgt.

In den letzten Monaten haben mich die Suche nach einem neuen Lebensmittelpunkt, an dem ich alt zu werden gedenke und der auch gleichzeitig meine neue Wirkungsstätte werden soll, sowie meine als Zusatzqualifikation gedachte Ausbildung bei der IWCMAA doch zeitlich stärker in Anspruch genommen, als ich anfänglich vermutet hatte.
Während die Suche nach einem neuen Lebensmittelpunkt noch in vollem Gange ist und gerade dieser Tage nach einem ärgerlichen Rückschlag mit neuem Schwung vorangetrieben wird, hat die Ausbildung bei der IWCMAA bereits erste Früchte getragen.
Schon jetzt kann ich konstatieren, dass mich der in dieser Association betriebene, noch schön unverfälscht wirkende Stil des Ip Man Wing Chun sehr anspricht. Auf alle Fälle aber stellt diese Ausbildung, die für mich dank meines bereits vorhandenen Wissens eher eine Art Fortbildung ist, einen nicht zu unterschätzenden Erkenntnisgewinn und eine willkommene Ergänzung meines technischen Repertoires dar.

Selbstverständlich habe ich auch den - zumindest im Süden der Bundesrepublik zu kurz ausgefallenen - Sommer möglichst nach Kräften zu nutzen getrachtet.
Und in der stillen Abgeschiedenheit der Kärntner Berg- und Seenwelt, wo ich schon fast traditionsgemäß wieder meinen Sommerurlaub im Juni verlebt hatte, konnte sich auch endlich mein Geist wieder zu altbekannten Höhen aufschwingen und meine Inspiration neue Nahrung finden. So entstanden in dieser Zeit einige Denk- und Sinnsprüche, die sich in der Tradition der alten fernöstlichen Philosophen und der berühmt gewordenen Vierzeiler der japanischen Samurai-Dichtkunst bewegen.

Inwieweit diese Gedanken auch die geschätzte Leserschaft inspirieren mögen, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedoch möchte ich meine Kreationen meinen Lesern auch nicht vorenthalten, so dass ich sie nun im Folgenden präsentiere:

Wer sich nie umschaut,
kann auch nicht hinter sich blicken.
Wer den Blick nie hebt,
sieht auch keine Weite.
**************************
Wer sich zu schnell zufrieden gibt,
wird nichts erreichen.
Wer niemals zufrieden ist,
wird unglücklich werden.
**************************
Wer durch Gewalt lebt,
wird durch Gewalt sterben.
Wer den Frieden um jeden Preis sucht,
ist bereits lebendig begraben.
****************************
Wer nach dem Großen trachtet,
ohne in kleinen Schritten zu denken,
wird scheitern.
Wer nur kleine Schritte kennt,
ohne je ein großes Ziel vor Augen zu haben,
vergeudet sein Leben.
***************************
Wer im Überfluss nicht sparsam ist,
wird im Mangel darben.
Wer sich aus Geiz dem Leben verschließt,
geht wahrlich in die Irre.
***************************
Wer seine Feinde fürchtet,
wird besiegt werden.
Wer seine Feinde das Fürchten lehrt,
wird den Sieg davontragen.
**************************
Wer wahre Freunde nicht ehrt,
wird einsam werden.
Wer falsche Freunde hat,
ist bereits einsam.
*************************
Wer den Kampf sucht,
wo der Frieden noch möglich scheint,
ist ein Narr.
Wer am Frieden festhält,
wo der Kampf unausweichlich wird,
ist ein Feigling.
*************************
Wer in der Jugend das Alter nicht ehrt,
ist ein Lump.
Wer im Alter die Jugend nicht respektiert,
verdient keine Ehre.
*************************
Wer geringe Taten in höchsten Tönen preist,
ist ein Blender.
Wer beachtliche Leistungen ohne Aufsehen vollbringt,
besitzt Tugend.
****************************

So weit also lauten meine eigenen Denk- und Sinnsprüche, die mir in einer stillen Stunde in Kärnten quasi in die Feder geflossen sind. Einige davon lassen sich bestens auf die Welt der Kampfkünste übertragen, andere wiederum stellen eher eine allgemeine Ansicht zu Alltagsumständen und Lebenswirklichkeiten dar.
Wenn die werte Leserschaft daraus eigene Denkanstöße erfahren sollte, so ist die Mühe, diese Gedanken hier niederzuschreiben, schon mehr als ausreichend entlohnt.
Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Urheberrechte an diesen Sprüchen einzig und allein bei mir liegen und dementsprechend bitteschön gewürdigt und respektiert werden sollten.
Aber in den Sphären der vom hehren Geist der Kampfkünste durchdrungenen Leserschaft wird sich ja sicher ohnehin niemand mit fremden Federn zu schmücken gedenken!

In diesem Sinne verbleibe ich einmal mehr

Euer Sifu Kai

Freitag, 11. April 2014

Beachtenswertes und Fallstricke beim Messerabwehrtraining in der SV

Liebe Leserinnen und Leser,

ich möchte heute meine Gedanken über die Messerabwehr aus meinem letzten Blogbeitrag vom März noch einmal aufgreifen und weiterführen bzw. vertiefen.

Nachdem nun klar sein dürfte, dass eine realitätsorientierte Selbstverteidigung nicht auf Waffenabwehr (und besonders auf die Abwehr von Messerattacken) verzichten kann, soll nun auf die Frage eingegangen werden, wie diese Thematik am sinnvollsten in den Unterricht integriert werden könnte.
Die Grundlagen der Messerabwehr und deren Methodiken hatte ich bereits in meinem letzten Beitrag dargelegt, daher möchte ich heute ein wenig darauf eingehen, wie das Training der Messerabwehr möglichst realistisch ausfallen kann, ohne die Aktiven einer zu großen Gefahr auszusetzen.

Selbstverständlich darf nicht mit scharfen Klingen trainiert werden. Jedoch müssen Gummi-Übungsmesser abgelehnt werden, da sie weder ein realistisches Gefühl der Messerhandhabung noch eine realitätsnahe Möglichkeit eventueller Entwaffnungstechniken gewährleisten. Auch Übungsmesser aus Holz sehe ich eher kritisch, da diese nicht den optischen Reiz einer Klingenwaffe bieten. Daher favorisiere ich Übungsmesser aus Aluminium.



Um jedoch auch eine Kontrolle über die tatsächliche Wirksamkeit der eigenen Techniken zu haben, sollte ab und an mit Übungsmessern trainiert werden, deren Klinge sich einfärben lässt, so dass bei jedem Kontakt mit der Schneide eine farbliche Markierung am Körper des Abwehrenden und damit jeder Fehler bei der Abwehrhandlung sofort sichtbar wird. Dadurch werden Illusionen über die eigene Abwehrfähigkeit umgehend zunichte gemacht, eine Fehlerkorrektur kann dann gleich vorgenommen werden, da der Aktive die eigenen Fehler selbst vor Augen hat und daher auch viel eher für Kritik zugänglich sein wird, als wenn er immer noch der Meinung wäre, seine Techniken würden ernstfalltauglich sein.
Auf diese Weise konnten sogar schon erfahrene Kampfsportler, die bereits selbst jahrelang als Trainer für Selbstverteidigung fungierten, von ihrem bisherigen gefährlichen Irrwege abgebracht und zum Umdenken bewegt werden.
Derartige Markierungs-Übungsmesser sind seit einiger Zeit im Handel erhältlich und gehören meines Erachtens nach zum unerlässlichen Fundus an Trainingsausrüstung für alle Leute, die sich mit einer realitätsorientierten Selbstverteidigung beschäftigen.



Im Everyday Life Combat Reality Fighting werden für die Messerabwehr-Trainingseinheiten ausschließlich Übungsmesser mit einer Aluminiumklinge und Markierungs-Übungsmesser verwendet. Dadurch wird die größtmögliche Realitätsnähe im Trainingsbetrieb gewährleistet.

Ein Aspekt, der in vielen Selbstverteidigungssytemen vernachlässigt wird und der zugegebenermaßen auch nur schwer im Training zu thematisieren ist, liegt in dem Umstand gegründet, dass manche Messerattacken nicht als solche von vornherein zu erkennen sind. So sind diverse Beispiele bekannt, wo Leute sich in eine Schlägerei verwickelt sahen und erst später feststellen mussten, dass sie eine Stichverletzung davongetragen hatten. Besonders tragisch erscheint in diesem Zusammenhang der Fall eines Mannes, der in eine Schlägerei geraten war und im Anschluss daran ein Taxi mit dem Wunsch bestieg, nach Hause gefahren zu werden. Auf der Fahrt verstarb der Mann an inneren Blutungen. Er hatte während der Schlägerei einen Messerstich erhalten, und die Wunde blutete fast ausschließlich nach innen, da lebenswichtige Organe verletzt worden waren. Der hohe Adrenalinpegel und der Schock bewirkten obendrein, dass der Mann seine schwere Verletzung nicht bemerkte, bis es schließlich für ihn keine Rettung mehr gab.

Auch die Geschichte eines Polizeibeamten aus Denver sollte zu denken geben.
Im Frühjahr 2005 fuhr er Verkehrsstreife und hielt einen alkoholisierten Fahrer an. Der Mann zeigte sich völlig unkooperativ und weigerte sich fluchend, aus dem Auto auszusteigen. Der Beamte öffnete die Fahrertür und holte den Verdächtigen mit einem Twist Lock aus dem Wagen. Während er ausstieg, spürte der Polizist, dass sich der Verdächtige aus seinem Griff herauswand und zu einem Schlag gegen den Kopf des Beamten ausholte. Er blockte den vermeintlichen Schlag ab und unternahm mit seinem Ellenbogen einen Gegenangriff gegen den Kopf des Trunkenheitsfahrers. Dann hörte er etwas Metallenes zu Boden fallen und sah neben sich ein großes Klappmesser liegen.
Er legte noch ein paar Kniestöße nach und der Verdächtige ging zu Boden. Als er den Mann in der Untersuchungshaft ablieferte, fielen den Beamten die langen Narben und x-förmigen Schnitte auf der Brust des Mannes auf. Auf die Frage, wo er diese Narben herhabe, entgegnete der Verdächtige, dass er eine Menge Messerstechereien hinter sich habe. In der Akte des Mannes kam dann zum Vorschein, dass bereits 17 Verhaftungen, meistens wegen gefährlicher Körperverletzung durch Messerstiche, vorlagen. Dieser Mann wusste also, wie man mit einem Messer kämpft.
Der Polizeibeamte konnte von Glück reden, dass er seit Jahren im Krav Maga trainiert war und sich instinktiv richtig verhalten hatte. (1)

Es kann also durchaus vorkommen, dass man zwar einen Angriff wahrnimmt, aber überhaupt kein Messer sieht, obwohl dieser Angriff bereits mittels einer Klingenwaffe vorgetragen wird. Der Adrenalinkick und der oft damit verbundene Tunnelblick werden vermutlich dafür sorgen, dass man in einer tatsächlichen Notwehrsituation nicht in der Lage sein wird, Feinheiten und Details ausreichend zu registrieren, ebenso wie man in seiner Abwehr nicht mit feinmotorischen Aktionen oder komplizierten Technikfolgen wird agieren können. Dieser Umstand wird leider immer noch in vielen Kampfkunststilen und eben auch in Selbstverteidigungssystemen entweder ignoriert oder zumindest sträflich vernachlässigt.

In meinem vorigen Blogbeitrag wies ich auf die (nach wie vor gültige) Faustregel hin, dass man - eine weitere Distanz zwischen Angreifer und Verteidiger vorausgesetzt -  bei einem tief gehaltenen Messer zum Zwecke der Kick Defense hoch und bei einem hoch gehaltenen Messer tief treten solle. Wenn man nun jedoch tatsächlich mit dem Tunnelblick zu kämpfen haben sollte und ein Angreifer entschlossen vorrückt, empfiehlt sich bei allen möglichen Angriffen ein mittiger Tritt. Wenn man ohnehin kein Messer sieht und daher auch nicht erkennen kann, wie es gehalten wird, für eine Entscheidung jedoch auch keine Zeit mehr bleibt, dann bleibt nur noch eine Möglichkeit: Einfach zutreten.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass man für ein möglichst realitätsorientiertes Training der Messerabwehr sämtliche allzu gestellten Szenarien vermeiden sollte.
Vielmehr ist eine Trainingsatmosphäre anzustreben, welche die Übenden einem hohen Stressfaktor aussetzt, um die Belastbarkeit für den Ernstfall zu erhöhen. Schnelle Übungsfolgen mit wechselnden Attacken durch unterschiedliche Trainingspartner können ebenso eine sinnvolle Methodik sein wie ein Üben bei schlechten Sichtverhältnissen (z.B. bei Dämmerlicht oder im Halbdunkeln) oder in simuliertem dichten Gedränge bei äußerst begrenztem Platzangebot. Weitere Raffinessen wie etwa der Einsatz von Kunstblut können die Trainingsatmosphäre in Hinblick auf die Stressresistenz noch einmal verschärfen.

Mit diesen Ideen und Anregungen verbleibe ich einmal mehr

Euer
Sifu Kai  

Anmerkungen:

(1) Vgl. Levine, Darren und Whitman, John: Krav Maga. München 2014. S. 11.


Samstag, 29. März 2014

Messerabwehr in der Selbstverteidigung - Sinn oder Unsinn?

Liebe Leserinnen und Leser,

wer sich ernsthaft mit dem weiten Feld der Selbstverteidigung beschäftigt, wird nicht umhin kommen, sich auch der Problematik des Themas Messerabwehr zu widmen.
Gerade in Zeiten, wo Gewalttaten immer häufiger unter Zuhilfenahme einer Stichwaffe begangen werden, wäre es sträflich, wenn man die Messerabwehr ignorieren würde.
Zum Glück werden Schusswaffen auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der alltäglichen Kriminalität noch immer eher selten eingesetzt, doch die Zahl der Straftaten, wo Messer mit im Spiel waren, steigt kontinuierlich an.

Straftäter sind oftmals feige Menschen, die sich hinter einer Waffe verstecken. Auch kann es durchaus vorkommen, dass zwar bei Beginn der Straftat keine Waffe verwendet wird, diese dann aber aufgrund der Gegenwehr des Opfers doch zum Einsatz gelangt. Daher muss man auch während eines ohne Waffen vorgetragenen Angriffes immer damit rechnen, dass der Gegner jederzeit eine Waffe ziehen und gegen einen verwenden könnte.

Attacken mit Messern sind keine Spielerei! Jeder Messerangriff kann tödlich enden, folglich muss man jedem Angreifer, der ein Messer gegen uns ins Felde führt, eine Tötungsabsicht unterstellen. Darüber muss man sich von Anfang an klar werden. Denn aus dieser Erkenntnis resultiert unsere psychische Grundhaltung solchen Angreifern gegenüber. Und diese Grundhaltung muss uneingeschränkt lauten: Erhaltung des eigenen Selbst, zur Not auch unter Vernichtung des Angreifers. Dieser unbedingte Überlebenswille und Selbsterhaltungstrieb muss immer wieder geschärft und genährt werden, damit man im Ernstfall überhaupt den Hauch einer Chance haben kann und zum eigenen entschlossenen Handeln befähigt wird.

Unter den drei Waffenarten (als da wären: Schusswaffe, Stichwaffe, stumpfe Hiebwaffe) sind Stichwaffen oder Messer am schwersten abzuwehren, natürlich immer vorausgesetzt, dass die Waffe sich in Reichweite befindet. Bereits kleine Veränderungen beim Angriff erfordern relativ große Veränderungen bei der notwendigen Abwehr.
Im Gegensatz zu Schusswaffen kann ein Messer nicht gegriffen werden. Anders als bei Hiebwaffen geht von Messern auch dann noch eine Gefahr aus, wenn der Verteidiger nah an den Angreifer herantritt.
Um die grundlegenden Prinzipien der Messerabwehr zu verstehen, muss man erst einmal eine Kenntnis darüber vermittelt bekommen, wie Messer im Allgemeinen gehalten werden. Es existieren drei Grundbegriffe beziehungsweise Arten von Messerstichen: Messerstich von oben (sog. Dolchhaltung),


Messerstich von unten



und gerader Messerstich.



Darüberhinaus können Messer bekanntermaßen nicht nur zum Stechen, sondern auch zum Schneiden eingesetzt werden. Daraus resultiert eine breite Anwendungspalette in Bezug auf mögliche Angriffstechniken, mit denen man sich konfrontiert sehen könnte.

Nun aber zu der Messerabwehr an sich:
Bei ausreichendem Abstand zum Angreifer bieten sich Tritte an, um die Distanz zu Messer zu wahren. Eine Faustregel für die Trittabwehr gegen Messerangriffe lautet: Bei tief gehaltenem Messer sollte man hoch treten, bei hoch gehaltenem Messer sind tiefe Tritte angesagt.
Leider ist jedoch davon auszugehen, dass ein Angriff überraschend vorgetragen wird, so dass man sich mit den Händen wird verteidigen müssen. Selbstverständlich empfehle ich immer, jedes erdenkliche Hilfsmittel zu unserer Verteidigung heranzuziehen. Alle Alltagsgegenstände, die wie ein Schild wirken oder unsere eigene Verteidigungsfähigkeit erhöhen können, sollten daher auch in unsere Verteidigungshandlung mit einbezogen werden.
Nun kann es aber vorkommen, dass wir nicht auf derlei Hilfsmittel zurückgreifen können. Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als mit bloßen Händen gegen den Angreifer vorzugehen.
Sehr enge, schräg geführte Messerstiche können wie ein gerader Stich aussehen. Daher ist es notwendig, im Training immer das Erkennen des Griffwinkels zu üben. Ein Beispiel: Kommt der Arm des Angreifers geradlinig auf einen zu, wobei die Klinge jedoch nach außen zeigt, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um einen schräg geführten Messerstich. Einen derartigen Angriff kann man nicht wie einen geraden Stich parieren, da man aufgrund des abgewinkelten Messers nicht an den Arm gelangt.

Das Entwaffnen von Angreifern sollte zwar erlernt werden, aber Erfahrungen aus der Realität und aus dem praxisorientierten Training haben gezeigt, dass es nicht immer möglich sein wird. Daher ist es umso wichtiger, sich an einem bestimmten Punkt aus dem Kampf zu lösen:

1. Abwehren und kontern, dann zurückziehen und nach hilfreichen Gegenständen oder Waffen suchen.

2. Abwehren, kontern und Kniestöße folgen lassen, dann zurückziehen und nach hilfreichen Gegenständen oder Waffen suchen.

3. Abwehren, kontern und Kniestöße folgen lassen, dann mit zwei Händen die Waffe fixieren und kontern.  

Um Illusionen zu vermeiden und das Messerabwehrtraining möglichst realistisch zu gestalten, sollten die Aktiven den eigenen Grad der Bereitschaft kennen.  Sobald sie ausreichend mit der Technik vertraut sind und die Grundlagen beherrschen, sollten sie lernen, die Abwehr in den unterschiedlichsten Stadien einzusetzen.
Zu diesem Zweck erfolgt eine Unterteilung der Stadien nach folgendem Schema:

Sehr früh: Man schafft es, die Hände auszustrecken, aber auch mit den Füßen vorzupreschen, während das Messer noch weit weg ist.

Mäßig früh: Man schafft es, die Hände auszustrecken und das Gewicht weit nach vorne zu verlagern, die Füße bewegen sich dabei anfangs aber nur minimal.

Mäßig spät: Man schafft es, die Hände auszustrecken und das Gewicht ein wenig in die Abwehr und den Konter zu legen, die Füße bewegen sich aber kein bisschen.

Sehr spät: Man schafft eine instinktive Reflexbewegung zur Abwehr und einen Gegenangriff, ohne dabei jedoch das Gewicht nach vorne verlagern zu können. In diesem speziellen Fall sollte man so viel Gewicht in Abwehr und Konter legen wie möglich. (1)

Im Laufe meines Budo-Werdegangs bin ich in den vielen Stilen und Systemen, die ich erlernte, auch immer wieder den verschiedensten Ansätzen zum Thema Messerabwehr begegnet.
Rückblickend muss ich nun feststellen, dass ich viele der gelehrten Abwehren von Messerangriffen aus meiner heutigen Einschätzung heraus als selbstmörderisch bezeichnen würde. Zu Zwecken der Vorführung und der Show wirkte vieles davon sehr glatt und gelungen und einfach nur "cool". Doch im Ernstfall würde ein Großteil dieser Techniken nicht funktionieren beziehungsweise er würde den Anwender in eine inakzeptable Eigengefährdung hineinziehen.

Die Systeme, die ich für eine realitätsorientierte Messerabwehr nach wie vor als geeignet bezeichnen würde, lauten:
FMA (Filipino Martial Arts),
WDS (Weapon Defense System),
Krav Maga       und
Wing Chun (mit Einschränkungen).

Ich möchte hier deutlich betonen, dass es sich bei dieser Einschätzung um meine persönliche Meinung handelt, die selbstverständlich allein schon durch den Umstand, dass ich natürlich bei weitem nicht alle Kampfsysteme der Welt aus eigenem Kennenlernen heraus beurteilen kann, ihre Einschränkung erfahren muss.

Im von mir selbst entwickelten Everyday Life Combat / Reality Fighting finden die Einflüsse, die durch die oben aufgelisteten Systeme auf mich einwirkten, ihre Umsetzung. Daher kann ich guten Gewissens behaupten, dass in dem von mir kreierten Kampfsystem auch zum Thema Messerabwehr nur die tauglichsten Techniken und Prinzipien gelehrt werden.

Um mit den unterschiedlichsten Variationen von Messerattacken umgehen zu können, verwendet das Everyday Life Combat / Reality Fighting für sämtliche bewaffneten Angriffe weitestgehend dieselben Abwehr- und Blockbewegungen wie für die unbewaffneten Attacken.
Durch den Schwerpunkt auf einer Kombination von Block- und Checkbewegungen kann der waffenführende Arm des Angreifers sicher unter Kontrolle gebracht werden, wobei man trotzdem weiter in der Lage sein wird, Kontertechniken innerhalb von Sekundenbruchteilen am Gegner anzubringen.

Für alle Angriffe, die mittels Klingenwaffen vorgetragen werden, gilt der Grundsatz, dass man sofort nahe an den Gegner herantreten und die Waffenhand kontrollieren muss.
Daher muss auch bei derartigen Attacken ausschließlich immer das Prinzip der Erstschlagunterbrechung zur Anwendung gelangen. Ein Ausweichen nach hinten, das zwar die Waffe meidet, muss als sinnlos angesehen werden, da der Angreifer ja sicher sofort erneut attackieren wird, bis er schließlich sein Ziel erreicht haben würde.
Aus diesem Grunde kann die einzig sinnvolle Lösung lauten, unverzüglich "in den Mann hineinzugehen". Dies erscheint umso angsteinflößender, wenn eben Waffen zum Einsatz kommen. Eine Waffe - egal ob Schusswaffe, Stich- oder Hiebwaffe - ist immer beängstigend und wirkt unweigerlich auf die Psyche ein. Der Kontakt mit der Waffe kann schwere Verletzungen hervorrufen, anders als beim unbewaffneten Kampf, wo der Kontakt mit einem angreifenden Körperteil des Gegners nicht unweigerlich zu Verletzungen führen muss.
Folglich muss alles daran gesetzt werden, einen Kontakt mit der Waffe zu vermeiden.
Die Abwehraktion wird sich daher selbstverständlich gegen die Waffenhand oder gegen den Waffenarm des Angreifers richten, und nicht gegen die Waffe an sich (Schusswaffen bilden hierbei eine Ausnahme, die jedoch nicht Thema diese Blogbeitrags sein soll).

Im Idealfall gelingt es dem Verteidiger, durch seine Abwehrtechnik die Waffe dem Angreifer aus der Hand zu schlagen. Doch wann läuft im Ernstfall etwas nach dem Idealschema?
Daher sollte oberstes Ziel der Abwehrhandlung sein, erstens nicht von der Waffe getroffen zu werden, und zweitens die Waffenhand des Gegners unter Kontrolle zu bringen.
Gelingt dies, ist schon viel erreicht. Denn dann muss man "nur" noch den Angreifer mittels harter Folgetechniken kampfunfähig machen. Abschließend ist es dringend ratsam, die Waffe zu sichern oder gegebenenfalls zur Selbstverteidigung gegen weitere Angreifer einzusetzen.

Nun ist man unbestreitbar doppelt im Nachteil, wenn man von einem bewaffneten Angreifer attackiert wird: Einerseits muss man den Schrecken, den ein überraschender Angriff hervorruft, verarbeiten, andererseits hat man der Waffe nur die leeren Hände entgegenzusetzen.
Aber wenn man nun die Möglichkeit hätte, eine Waffe oder einen Gegenstand zur eigenen Verteidigung heranzuziehen?
Nun, selbstverständlich wird kein friedlicher und gesetzestreuer Mensch eine Waffe mit sich führen, wenn er das Haus verlässt. Aber wenn während einer Notwehrsituation sich die Chance eröffnen sollte, eine Waffe oder einen Gegenstand ergreifen zu können, der die Effektivität der eigenen Abwehrmaßnahmen deutlich erhöhen könnte, so sollte man ohne Skrupel und ohne falschen Zweifel diese Chance auch wahrnehmen.
Wer sich oder andere gegen einen beispielsweise mit einem Messer bewaffneten Angreifer verteidigen muss, sollte natürlich jeden greifbaren Gegenstand in seiner Nähe in seine Verteidigungshandlung einbeziehen, um seine Eigensicherung und die Trefferwirkung beim Gegner zu erhöhen. In diesem Zusammenhang erlaube ich mir darauf aufmerksam zu machen, dass der Kommentar zum Notwehrparagraphen ( § 32 ) des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich darauf hinweist, dass im Falle der Notwehr keine Waffengleichheit zwischen Verteidiger und Angreifer verlangt wird. (2)

Viele der Techniken im Everyday Life Combat / Reality Fighting können unverändert auf die Handhabung mit Waffen oder Alltagsgegenständen übertragen werden.
Die Abwehrtechniken können ebenso mit einer Waffe ausgeführt werden, und eine Vielzahl der Handtechniken folgt dem Prinzip von Waffentechniken.

Dennoch empfehle ich besonders den fortgeschrittenen Aktiven, im Rahmen von Speziallehrgängen zum Thema Waffenverteidigung ihre Kenntnisse auf diesem Sektor der Selbstverteidigung zu vertiefen.

In diesem Sinne verbleibe ich einmal mehr

Euer Sifu Kai   

Anmerkungen:

(1) vgl. Levine, Darren und Whitman, John: Krav Maga. München 2014. S. 234/235 und S. 292.


(2) vgl. Kraze, Kai: Everyday Life Combat Reality Fighting. Berlin 2005. S. 148 - 150.

Freitag, 21. Februar 2014

Gewaltexzesse und die Notwendigkeit zu einer effektiven Selbstverteidigung


Liebe Leserinnen und Leser,

die Gewalt auf den Straßen nimmt immer mehr zu, und die Brutalität der Gewalttaten scheint sich weiterhin zu steigern. Ein Menschenleben verliert anscheinend in den Augen der Täter immer mehr an Wert. Der Großteil unserer zivilisierten Gesellschaft erschaudert ob der Kunde von derlei Taten. Frustration und Ratlosigkeit greifen immer mehr um sich, die Angst wird zum täglichen Begleiter, allzumal in den urbanen Zentren unserer Republik. Vermeidungsstrategien versprechen zwar ein wenig an Sicherheit, mindern dafür aber die Lebensqualität drastisch. Hier ist nun guter Rat teuer, zumal selbst die Polizeien der Bundesländer zum Teil bereits vor der Gewalt kapitulieren und der Staat den Offenbarungseid leisten muss. Der eherne Grundsatz, dass das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht, wird immer schwerer durchzusetzen sein, wenn man sich strikt an die Regeln des Rechtsstaates und der Deeskalationsstrategie halten möchte. Und selbst wenn die Polizei letztendlich noch der "Chef im Ring" bleiben kann, so erscheinen doch die Einsatzkräfte am Ereignisort für das Opfer einer Gewalttat beinahe durchweg zu spät. Sie können dann nur noch die Strafverfolgung zu gewährleisten trachten und dem Opfer medizinische Hilfe angedeihen lassen, sofern dieses eine solche überhaupt noch benötigt und nicht gleich die Gerichtsmedizin verständigt werden muss. Doch eine wirkliche Hilfe wird dem Opfer von den Ordnungskräften seltenst zuteil werden können.
Im Folgenden seien nur einige wenige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit aufgelistet:

20. Januar 2014
Lehrling bei Gewaltexzeß in Hamburg schwer verletzt

HAMBURG. Zwei von der Polizei als „Südländer“ beschriebene Personen haben am Sonntag einen 18 Jahre alten Lehrling in Hamburg angegriffen und lebensgefährlich verletzt. Die Täter schlugen erst mit einem Baseballschläger auf den Jugendlichen ein und schlitzten dem am Boden Liegenden danach die Kehle auf. Zudem stachen sie mehrmals mit einem Messer auf ihn ein.

Der junge Mann überlebte die Tat schwer verletzt und wird derzeit im Krankenhaus behandelt. Nach einer Notoperation stabilisierte sich sein Zustand. Die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Mordkommission im Landeskriminalamt haben die Ermittlungen übernommen, teilte die Polizei mit. Die Angreifer konnten unerkannt flüchten.

Der Vater des Jungen reagierte geschockt auf den Gewaltexzeß: „Wir vertrauen auf die Arbeit der Polizei. Wir sind entsetzt über die Brutalität. Sie wollten ihn abschlachten“, sagte der 56jährige nach Angaben der Bild-Zeitung. Der Hintergrund der Bluttat ist noch unklar. „Vermutlich führte ein banaler Anlaß zur Schlägerei“, betonte ein Polizeisprecher. (ho)




Heidelberg: Zwei Männer bedrohen und beleidigen Busgäste

Heidelberg. (pol/mün) Mehrere Fahrgäste der Buslinie 33 wurden am Donnerstagnachmittag von zwei Männern bedroht und beleidigt. Nach Angaben der Polizei zückten die beiden25 und 26 Jahre alten Tatverdächtigen gegen15.30 Uhr ein Messer, bedrohten die Busgäste und und berührten mehrere Frauen in unsittlicher Weise. Der Busfahrer verständigte die Polizei, die die beiden an der Haltestelle Kurfürstenanlage vorläufig festnahm. Bei der Durchsuchung wurde Diebesgut im Wert von über 250 Euro, darunter hochprozentiger Alkohol und Elektroartikel, gefunden. Die Beute soll von einem Ladendiebstahl am gleichen Tag in einem Einkaufsmarkt in Rohrbach stammen. Die Ermittlungen wegen Diebstahls, Bedrohung und sexueller Beleidung dauern an.

(Rhein-Neckar-Zeitung vom 24.01.2014)



Vor Spielothek Massenschlägerei in Bonn – ein Schwerverletzter

Bonn – 

Massenschlägerei vor einer Spielothek an der Kölnstraße in Bonn: Rund zehn Personen waren daran beteiligt – laut Polizeiangaben wurde ein Beteiligter schwer verletzt. Lebensgefahr besteht nicht.

Gegen 19.30 Uhr ging der Notruf bei der Polizei ein.

Bei der Schlägerei sollen auch gefährliche Gegenstände eingesetzt worden sein. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.

Die Hintergründe für die Prügelei sind derzeit noch unklar.

( http://www.express.de/bonn/vor-spielothek-massenschlaegerei-in-bonn---ein-schwerverletzter,2860,25989522.html )




26.01.2014, 13:27 Uhr
Polizei sieht Sicherheit in deutschen Städten gefährdet

Berlin (dpa) - Die Polizei ist nach Gewerkschaftsangaben kaum noch imstande, die Sicherheit in Deutschlands Städten flächendeckend zu gewährleisten.
"Es gibt Zonen in unseren Städten, in denen sich die Bürger völlig zu recht nicht mehr sicher fühlen".

"Unseren Auftrag, den Rechtsstaat zu sichern und das Gewaltmonopol durchzusetzen, können wir ohne Unterstützung nicht mehr gewährleisten.", sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Die GdP und der Deutsche Städte- und Gemeindebund wollen am Montag in Berlin gemeinsam ein neues "Bündnis für Sicherheit" einfordern, um die überforderten Sicherheitsorgane zu unterstützen. In einem gemeinsamen Papier fordern sie mehr Präsenz der Polizei auf den Straßen, verstärkte Videoüberwachung, Alkoholverbote in der Öffentlichkeit und einen besseren Schutz von Sicherheits- und Rettungskräften vor Schlägern.

( http://web.de/magazine/nachrichten/panorama/18553666-polizei-sicherheit-deutschen-staedten-gefaehrdet.html#.A1000145 )





Landgericht Frankfurt
16-Jährigen halbtot getreten

Von Stefan Behr

Elf junge Angeklagte müssen sich wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Im Mai 2013 hatten sie einen 16-Jährigen in Enkheim halbtot getreten und geschlagen. Vorausgegangen war vermutlich ein Eifersuchtsstreit.

„Es ist das Kräfteverhältnis, das schockiert und ratlos macht“, sagt ein Anwalt. Da hat er wohl recht. Elf Angeklagte sitzen seit Freitag auf der Anklagebank des Landgerichts, jeder hat zwei Anwälte an seiner Seite. Die jungen Leute im Alter von 16 bis 30 Jahren – der 30-Jährige ist deutlich älter als der Rest – müssen sich wegen versuchten Totschlags sowie gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Laut Anklage haben sie am 11. Mai 2013 den 16 Jahre alten Leon E. nahe dem Hessencenter in Enkheim halbtot getreten und geschlagen. Vorausgegangen war vermutlich ein Eifersuchtsstreit um ein Mädchen. Offenbar hatte das spätere Opfer einen der späteren Täter, ebenfalls 16 Jahre alt, in dessen Gunst beerbt. Am Vormittag des Tages kam es wohl im Wald nahe Fechenheim zu einer Prügelei, bei der der 16-jährige Muhamed K. Schürfwunden davontrug. In Alt-Fechenheim informierte er dann seinen Bruder und zehn weitere Freunde – einer der mutmaßlichen Täter wird gesondert verfolgt. Gemeinsam fuhr man in die Siedlung an der Enkheimer Wilhelm-Meiß-Straße, wo der Nebenbuhler wohnte. Was dann folgte, war eine Orgie der Gewalt. Der junge Mann wurde, kaum dass er aufgetaucht war, zu Boden geschlagen, dann hagelte es Tritte gegen Kopf und Körper. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und einen Schädeldachbruch und wurde in der Uni-Klinik notoperiert.
Kinderpsychologe für Mandant gefordert

Knapp zwei Dutzend Juristen halten sich am Freitag zu Prozessbeginn vornehm zurück. Wie durch ein Wunder kommt es weder zu einem Befangenheitsantrag oder einer Besetzungsrüge. Offenbar sind alle an einem zügigen Fortgang der Verhandlung interessiert, die derzeit mit 20 Fortsetzungsterminen bis Mitte Mai terminiert ist.

Zumindest fast alle. Der Anwalt, der bereits das ungute Kräfteverhältnis ansprach, spielt nicht mit. In seinem ersten Antrag fordert er, seinen weit mehr als volljährigen Mandanten von einem Kinderpsychologen begutachten zu lassen. Der werde beweisen, dass sein Mandant am Tattag an einer „tiefgehenden Bewusstseinstrübung, indiziert durch gruppendynamische Prozesse“, gelitten habe. Durch einen „erheblichen Konformitätsdruck“ sei es zur „Umsetzung in motorisches Handeln“ gekommen. Der Antrag wird abgelehnt. Mit den folgenden hat er auch nicht mehr Glück.

Die ersten Aussagen der Angeklagten machen klar, wie die Taktik der Verteidigung aussehen wird. Es geht darum, möglichst wenig Tatbeteiligung einzuräumen. Ein Angeklagter sagt, er sei mit seinen Freunden von Fechenheim nach Enkheim gefahren, weil er eine Mitfahrgelegenheit zum Shoppen im Hessencenter gesucht habe. Von dem vorausgegangenen Streit habe er zwar gewusst, sei jedoch davon ausgegangen, dass seine Freunde „ganz normal verbal mit dem Opfer reden“ wollten. Als das Gespräch dann einen eher nonverbalen Verlauf nahm, habe er „zutiefst schockiert“ gar „dem Opfer Hilfe geleistet“. Und wie, will der Richter wissen? „Indem ich aktiv geschrien habe.“
Extreme Sicherheitsvorkehrungen

Der nächste Angeklagte ging damals auf Krücken und habe, als die Tat geschah, diese Krücken schützend über den am Boden Liegenden gehalten. Eine noble Geste, die wohl auch das Gewissen beruhigte, denn nach der Kopftreterei entschwand der junge Mann, um sich ein Fußballspiel anzugucken „bei dem ich mitgespielt hätte, wenn ich nicht verletzt gewesen wäre“. Als aktivsten Treter und Prügler nennen die beiden den 30-Jährigen, der, wie es einer der Angeklagten formulierte, dem Opfer „auf dem Kopf herumgestampft“ sei. Der 16-Jährige, der noch Wochen nach der Tat im Krankenhaus lag, war zumindest am ersten Prozesstag noch nicht anwesend.

Die Verhandlung, die eigentlich bereits am Freitag hätte beginnen sollen, aber nach der Ermordung zweier Angeklagter am Landgericht verschoben worden war, wurde unter extremen Sicherheitsvorkehrungen geführt, die es so bislang an Frankfurter Gerichten noch nicht gegeben hat. Es blieb aber friedlich – auch im vollbesetzten Zuschauerraum.

( Frankfurter Rundschau vom 28. Januar 2014 )

( http://www.fr-online.de/aus-dem-gericht/landgericht-frankfurt-16-jaehrigen-halbtot-getreten,1472814,26023118.html )




Polizei
20-Jähriger hat nach brutalem Angriff Angst vor weiteren Attacken
29.01.2014 | 00:18 Uhr

20-Jähriger hat nach brutalem Angriff Angst vor weiteren Attacken | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
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Wattenscheid. Als es passiert, ist Sebastian S. (Name der Redaktion bekannt) auf dem Weg zu seiner Freundin. Kurz zuvor war er noch im Partykeller eines Kollegen, „wir haben ein bisschen gefeiert“, sagt er. So schön, wie der Abend begann, sollte er eigentlich auch enden. Doch dann spürt der 20-Jährige einen Schlag von hinten an die Schläfe, er wird zusammengeschlagen. Sebastian glaubt nicht, dass er ein Zufallsopfer ist.

Es ist Freitag, 17. Januar 2014, gegen 20 Uhr, als der 20 Jahre alte Sebastian S. (Name der Redaktion bekannt) attackiert wird. Längst liegt er auf dem Bürgersteig an der Lohackerstraße in Bochum-Höntrop. Er erinnert sich – wenn auch in Teilen nur vage – an Tritte und Schläge auf seinen Körper, vier bis fünf Männer meint er auszumachen, die auf ihn losgehen. Trommelfeuer. „Plötzlich sehe ich ein Messer und schütze nur noch mein Gesicht. Meine Hand wird dabei verletzt.“

Irgendwann lassen die Täter von Sebastian (Foto oben) ab, stehlen ihm nichts. Sein I-Phone etwa ist noch in der Jackentasche. Halbbenommen schleppt er sich in einen nahe gelegenen Kiosk an der Lohackerstraße 117. Dort bricht er zusammen und ist bewusstlos, als die Polizei eintrifft.
Epileptischer Anfall auf der Intensivstation

Auf der Intensivstation erleidet er einen epileptischen Anfall, verschluckt die Zunge. Zum ersten Mal in seinem Leben. „Die Ärzte meinen, das könnte vom Schlag auf den Kopf gekommen sein. Ich hätte sterben können.“ Seine Lunge ist verletzt, der Brustkorb geprellt, die Stichwunde an der Hand wird genäht.

Lange liegt er in einem Bochumer Krankenhaus. Fest stehe, dass er mindestens drei Monate nicht zur Arbeit gehen kann. Bitter für den Auszubildenden zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik im zweiten Lehrjahr.

Die Täter gingen mit roher Gewalt vor, hatten aber offenkundig nicht vor, Sebastian zu bestehlen. Als Zufallsopfer einer blinden Wut sieht er sich jedoch nicht. Bereits eine Woche zuvor sei er von einer ähnlichen Tätergruppe an der Voedestraße überfallen worden. Womöglich hätten sie es auf sein Handy abgesehen. Sebastian wehrte sich und lief zur Polizeiwache West. „Wir kriegen dich noch“, hätten sie ihm hinterher gerufen.
Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung

Da die Männer noch nicht gefasst sind, hat Sebastian Angst. Angst, nach der stationären Behandlung wieder zu Hause zu sein. „Durch Höntrop werde ich in der ersten Zeit sicher nicht allein gehen.“ Doch will er sich ebenso wenig verstecken und ruft über die Redaktion Zeugen dazu auf, sich bei der Polizei zu melden. Diese ermittelt derzeit wegen gefährlicher Körperverletzung. „Ich bin mir sicher, ich habe Passanten gesehen, die den Vorfall beobachtet haben müssen. Leider hat mir niemand geholfen.“

In der dazugehörigen offiziellen Polizeipressemeldung heißt es über die Täter: „Die Gruppe soll aus vier bis fünf Männern, südländischen Aussehens, im Alter von 18 bis 20 Jahren bestanden haben. Einer der Täter trug eine rote Kappe mit Schriftzug.“ Und weiter meldet die Polizei: „Die Hintergründe der Auseinandersetzung sind noch nicht gänzlich geklärt. Die Kriminalpolizei bittet nunmehr um sachdienliche Zeugen- und Täterhinweise unter der Rufnummer 0234/ 909-8405 (-3221 außerhalb der Geschäftszeit).“

Christopher Becker




Aus diesen Beispielen kann nun der alltägliche Wahnsinn auf bundesdeutschen Straßen ersehen werden. Freilich mag man davor die Augen verschließen und getreu dem Motto leben „Mir wird schon nichts passieren“. Aber ratsam erscheint eine derartige Vogel-Strauß-Politik vor dem Hintergrund der immer mehr um sich greifenden Gewaltbereitschaft von Straftätern ganz sicher nicht.
Vielmehr sollte es einleuchten, dass es heutzutage immer notwendiger wird, eine fundierte Methode zur Verteidigung des eigenen Selbst zu erlernen, um in Notwehr- und Nothilfesituationen nicht völlig überfordert und gelähmt zum Opfer zu werden.
Halten wir uns eines vor Augen: Gewalttäter suchen in der Regel Opfer, keine Gegner.
Wenn wir in uns die Fähigkeit kultivieren, aus der Opferrolle herauszutreten und zu gefürchteten Gegner zu werden, wird die Gefahr, tatsächlich im Rahmen einer Straftat selbst schwer verletzt oder sogar getötet zu werden, zumindest deutlich absinken.
Was muss eine solche Selbstverteidigungskunst nun mitbringen, um den realen Bedingungen der Kriminalität im 21. Jahrhundert effektiv begegnen zu können?
Zuerst einmal muss darin eine gezielte Schulung im Sinne eines Psychotrainings erfolgen, um den „satten“ und zivilisierten Menschen unserer Wohlstandsgesellschaften zu einem wachsamen und harten Kämpfer umzuformen. Das soll nun nicht bedeuten, dass jegliche Errungenschaften der zivilisierten Welt über Bord geworfen werden müssen, jedoch ist es unabdingbar nötig, die persönlichen Komfortzonen der Aktiven unablässig zu erweitern, um gewisse Fertigkeiten, die für eine kompromisslose und damit einzig sinnvolle Selbstverteidigung die Grundvoraussetzungen darstellen, zu entwickeln und zu fördern.
Weiterhin müssen Techniken und Methodiken vermittelt werden, die für sämtliche erdenkbaren Angriffe einen größtmöglichen Schutz bei der einfachsten Anwendbarkeit beinhalten. Folglich soll der Aktive nicht mit einem Sammelsurium unterschiedlichster Techniken bombardiert und überfrachtet werden, sondern es müssen einige wenige Bewegungsmuster auf möglichst viele verschiedene Szenarien übertragbar sein, die obendrein noch keine großen Anforderungen an die Fitness stellen.
Letztendlich müssen sämtliche Methodiken auch unter extremem Stress funktionieren und selbst unter ungünstigen Ausgangspositionen heraus dem Anwender die größtmögliche Chance bieten, aus der Gefahrensituation weitestgehend unbeschadet zu entkommen.  

Alle diese Attribute erfüllt das von mir entwickelte „Everyday Life Combat / Reality Fighting“ in hohem Maße. Da ich selbst ständig auf der Suche nach Weiterbildungsmöglichkeiten bin, um meinen Horizont stets noch zu erweitern und den sich immer wieder verändernden Gegebenheiten in der Realität anzupassen, wird auch das „Everyday Life Combat / Reality Fighting“ unter meiner Leitung ( auch in Hinblick auf Trainerausbildungen ) den Alltagsbezug nicht verlieren und somit  ein wirkungsvolles Instrument zu Zwecken der persönlichen Selbstverteidigung und Selbsterhaltung jedes Individuums, das sich der alltäglich präsenten Gewalt nicht beugen möchte, bleiben.

Bis zu meinem nächsten Blogbeitrag wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine gute und sichere Zeit und verbleibe

Euer Sifu Kai



Dienstag, 7. Januar 2014

Vorschau / Planungen für das Jahr 2014







Liebe Leserinnen und Leser,

ich möchte auf diesem Wege zuerst einmal allen Interessenten an meinem Blog noch ein gesundes und friedvolles Jahr 2014 wünschen.
Mit dem Anbruch des neuen Jahres stellte sich mir die Frage, mit welchen Themen ich mich die nächsten Monate in diesem Blog beschäftigen solle. Nach einigem Nachdenken und Abwägen und auch mittels Nachfragen und Gesprächen habe ich mich nun entschlossen, mich in diesem Jahr verstärkter der praktischen und realitätsbezogenen Selbstverteidigung widmen zu wollen. Die Selbstverteidigung ist von der Kampfkunst nicht zu trennen, denn schließlich hatten alle Kampfkünste einst das Ziel, kämpferische Fähigkeiten bei den Übenden herauszubilden und dadurch die Fähigkeiten zur Verteidigung des eigenen Selbst zu legen und / oder zu verbessern. Dass bei der Betrachtung der reinen Selbstverteidigung der philosophische Aspekt der Kampfkunst in den Hintergrund treten wird, ist nur logische Konsequenz. Ich denke, im vergangenen Jahr habe ich in diesem Blog erst einmal genug philosophischen Nährboden bereitet, um nun die Praxis stärker in den Vordergrund treten lassen zu können. Das soll allerdings nicht bedeuten, dass ich nicht unter Umständen den einen oder anderen Beitrag hier auch wieder der Philosophie oder der speziellen Gesundheitslehre
(insbesondere dem Qi Gong) widmen könnte.

Bereits im Jahre 2005 entwickelte ich mein eigenes Selbstverteidigungssystem, das Everyday Life Combat / Reality Fighting. In die Entwicklung dieses freien Systems flossen vordergründig Techniken und Konzepte folgender Stile / Systeme mit ein:

Aus dem Bereich der Kampfkunst:
Aikido
Arnis / Kali / Escrima
T’ai-chi ch’üan
Wing Chun

Aus dem Bereich des Kampfsports:
Boxen
Kickboxen
Taekwondo

Aus dem Bereich der Selbstverteidigungssysteme:
ATK (Anti-Terror-Kampf)
Jujutsu
WDS (Weapon Defense System)

Unbedingt betonen möchte ich, dass ich die Grenzen zwischen Kampfkunst, Kampfsport und Selbstverteidigung als fließend und nicht eindeutig definierbar betrachte, da das Eine das Andere nur zu häufig bedingt und immer Überschneidungen existieren werden.

Desweiteren möchte ich auf den Einfluss, den Bruce Lees Ideen vom Wesen des Kampfes auch bei der Entstehung meines Systems bewirkten, hinweisen. Allerdings möchte ich das Everyday Life Combat / Reality Fighting deutlich abgegrenzt vom heutigen Jeet Kune Do wissen und als eigenes, selbstbestehendes System innerhalb der Budo-Szene verorten.

Seit der Entstehung meines Systems sind nun schon wieder neun Jahre ins Land gegangen.
Und wie sich der Mensch stetig weiterentwickelt, so ist auch meine Kampfkunst mit den Jahren weiter gereift. Schwerpunkte haben sich verlagert, einige Dinge werden von mir inzwischen anders betrachtet / gewichtet, und vor allem sind auch noch weitere Erkenntnisse aus anderen Stilen / Systemen dazugekommen, die meinen persönlichen Weg des Kämpfens beeinflussen und bereichern. Daher würde eine Neuauflage meines 2005 geschriebenen Buches über das Everyday Life Combat / Reality Fighting sicher auch einer Überarbeitung bzw. Ergänzung bedürfen, zumindest was den einleitenden Teil über die verschiedenen Einflüsse auf dem Wege zur Kreation dieses eigenen neuen Systems anbelangt.
Um welche neuen Erfahrungen handelt es sich nun?
Da ich mich in den letzten sechs Jahren noch einmal deutlich intensiver mit dem von mir bereits seit 2002 betriebenen Wing Chun auseinandergesetzt habe und mittlerweile auch eine eigene Befähigung zum Unterrichten in dieser faszinierenden Kampfkunst erlangen konnte, haben die dem Wing Chun innewohnenden höchst ausgeklügelten Konzepte auch einen starken Einfluss auf meine persönliche Art des Kämpfens ausgeübt.
Völlig neu hinzugekommen hingegen ist das Thai-Kick-Boxen, worin ich 2006 – 2007 eine Ausbildung zum Diplom-Trainer absolvierte. Speziell die Impulse aus dem Muay Thai haben mich in einigen Punkten noch einmal inspiriert und zumindest eine Verschiebung der Gewichtung einiger Techniken hervorgerufen.
Desweiteren habe ich durch das Krav Maga eine spannende und wichtige Horizonterweiterung erfahren, die sich selbstverständlich auch in meiner persönlichen Auffassung über das Kämpfen niedergeschlagen hat.
Und als letzter Indikator wäre noch das Qi Gong zu nennen, das mir geholfen hat, meine Energie zu kanalisieren und zielgerichteter einzusetzen.

Nichtsdestotrotz braucht am Grundgerüst des Everyday Life Combat / Reality Fighting nicht gerüttelt zu werden. Die Auswahl der in diesem System zu unterrichtenden Techniken erfolgte bereits vor neun Jahren äußerst gewissenhaft und unter dem Gesichtspunkt der Alltagstauglichkeit. Auch die dem System innewohnenden Prinzipien und Konzepte dürfen weiterhin ihre volle Gültigkeit beanspruchen. Einzelne Verschiebungen und neue Akzentuierungen kommen allenfalls im direkten Unterrichtsbetrieb zum Tragen, was sich speziell auf die immens wichtigen Partnerübungen auswirken dürfte. Doch selbst dadurch entsteht kein Bruch mit der bereits 2005 niedergeschriebenen Grundidee des Everyday Life Combat / Reality Fighting, denn dieses System war ja von Anfang an auf den Prozess einer Entwicklung des Individuums im Kleinen und des Weges des Kämpfens im Großen hin angelegt.

Nachdem ich bereits 2007 den patent- und markenrechtlichen Schutz der Wortmarke meines Systems sichern und 2011 eine Anerkennung als „Founder of Everyday Life Combat Reality Fighting“ bei der World Headmaster and Sokeship Union / International Founder and Headmaster Council of the Martial Arts Association – International erreichen konnte (siehe das obere Foto von der Beurkundung in dem heutigen Beitrag), halte ich es nun für an der Zeit, mein eigenes Selbstverteidigungssystem auch mittels meines Blogs einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Ein Großteil der von mir 2005 im Selbstverlag publizierten Bücher (siehe das untere Foto eines Buchexemplars in dem heutigen Beitrag), welche die theoretischen Grundlagen dieses Systems nebst sämtlicher Techniken und Konzepte präsentieren, ist mittlerweile vergriffen, doch nehme ich aufgrund der noch immer meines Erachtens nach viel zu schmalen Verbreitungsdichte von einer zweiten Auflage erst einmal Abstand. Vielmehr plane ich für dieses Jahr wenigstens eine DVD-Produktion über die elementaren Grundtechniken des Everyday Life Combat / Reality Fighting, welche die sogenannte Anfängerstufe (Beginner Level) dieses Systems bilden.
Diese Anfängerstufe gliedert sich für den Aktiven nochmals in verschiedene kleinere Schritte, deren Erreichen durch Graduierungen bescheinigt wird und die den Schülern in übersichtlichen Lerneinheiten schrittweise den doch bereits in seiner Gesamtheit recht komplexen Stoff der Anfängerstufe vermitteln sollen.

Mein Wunsch besteht nach wie vor darin, möglichst vielen Menschen eine Chance zu einer wirkungsvollen Selbstverteidigung in Notwehr- / Nothilfesituationen an die Hand geben zu können. Da jeder Mensch andere Voraussetzungen mitbringt, wird im Everyday Life Combat / Reality Fighting auch bewusst die individuelle Entwicklung jeder einzelnen Persönlichkeit ganz groß geschrieben. Alles Einengende und Beschränkende soll daher vermieden werden, anzustreben ist hingegen eine möglichst große Natürlichkeit und Realitätsorientierung.
Nicht umsonst findet der Unterricht im Everyday Life Combat / Reality Fighting in Alltagskleidung statt.

Wie ich in den letzten neun Jahren erfahren musste, lerne auch ich immer noch weiter dazu.
Auch meine Persönlichkeit und damit verbunden meine individuelle Auffassung über das Kämpfen unterliegt Veränderungen. Auch wenn ich als Stilgründer / Founder mich anscheinend selbst einen „Großmeister“ schimpfen könnte (zumindest verfahren andere Kollegen in der Budo-Szene teilweise nach dieser Maxime...), liegen mir derlei Eitelkeiten doch mehr als fern. Ich bin mir meiner Fehlbarkeit durchaus bewusst, auch weiß ich um die dem steten Voranschreiten der Entwicklung innerhalb der Kampfkünste geschuldeten Veränderungen, denen meine Gedanken und Ideen im Laufe der Zeit unterliegen. Mein Ego benötigt keinen Großmeister-Titel, und noch viel weniger benötigen meine Schüler einen Großmeister, um qualitativ hochwertigen und für das reale Leben sinnvollen Unterricht erhalten zu können. Sollte mir eines Tages ein solcher Titel höchster Weihe verliehen werden, so werde ich mich geschmeichelt fühlen und mir der Ehre ob einer solchen Titulatur durchaus bewusst sein. Doch abgehoben oder gar hochnäsig / besserwisserisch werde ich ganz sicher auch in einem solchen Falle nicht werden. Denn ein derartiges Verhalten passt einfach nicht in die Welt der Kampfkünste.

Nun aber freue ich mich auf ein weiteres Jahr voller Inspirationen mit Euch, liebe Leserinnen und Leser, und verbleibe bis demnächst

Euer Sifu Kai


P.s.: Wer gerne mehr über das Everyday Life Combat / Reality Fighting erfahren oder Bücher bzw. DVDs ordern möchte, kann mich natürlich jederzeit über die E-Mail-Adresse
Little-Dragon-Dojo@gmx.de kontaktieren.



Sonntag, 1. Dezember 2013

Denkwürdigkeiten in der Kampfkunstwelt



Liebe Leserinnen und Leser,

mit dem heutigen ersten Advent beginnt wieder eine Zeit des Innehaltens und der Besinnung.
Nach den vergangenen mitunter recht turbulenten Monaten möchte auch ich daher die Gelegenheit nutzen, in diesem neuen Beitrag die letzen Wochen und Monate Revue passieren und die werte Leserschaft daran teilhaben zu lassen.

Neben erfreulichen Erlebnissen im Rahmen von Fortbildungsseminaren und während einiger Begegnungen mit gleichgesinnten Kampfkünstlern mischten sich auch Erfahrungen darunter, die mich nachdenklich und betrübt stimmten. So musste ich beispielsweise bemerken, dass in der großen Kampfkunstszene nach wie vor Neid, Missgunst und Konkurrenzdenken die Herzen einiger Vertreter dieser Zunft mit der Bitterkeit der Galle verdüstern. Folglich habe ich zur Illustration des heutigen Beitrages auch zwei miteinander kämpfende Samurai (nach Hokusai) gewählt.
Anstatt die Losung „Miteinander statt Gegeneinander“ zu beherzigen, trachten einige Vertreter der Kampfkunst, die sich selbst „Meister“ oder „Sifu“ schimpfen, danach, ihren Kampfkunstbrüdern das Leben schwer zu machen oder gar deren Existenzen zu vernichten.
Da entbrennt beispielsweise ein Streit über eventuelle Urheberrechte an einem Text, der sich mit einem Thema befasste, zu dem offensichtlich mindestens zwei verschiedene Autoren ihre Auffassungen schriftlich und in öffentlicher Form dargelegt hatten. Doch anstatt diesen Disput auf würdiger Ebene zu regeln, wie es gestandenen Kampfkünstlern, die obendrein noch höhere Weihen empfangen haben, eigentlich geziemen würde, wird da von einer Seite sogleich mit der meist unsauberen und unschönen Bearbeitung durch einen Advokaten gedroht. Wenn alle Meinungsverschiedenheiten nach alter Väter Sitte offen und ehrlich zwischen Ehrenleuten ausgetragen werden würden, wie viele Juristen würden arbeitslos werden!
Wie dem auch sei – gegenüber einem solchen Wüterich erscheint es immer noch ratsam, das alte Sprichwort „Der Klügere gibt nach“ zu befolgen, zumal wenn es sich um ein Streitobjekt von so geringem Interesse handelt. Und so habe auch ich mich in dieser Sache an die Wing Chun – Grundregel vom Nachgeben gegenüber stark vorwärtspreschenden Kräften gehalten und habe in meinem ganzen Wesen einen Bong Sao gebildet...

Welche Motivation nun auch immer dahinter gesteckt haben mag, dass dieser „Sifu“ den Streit so herrisch und völlig konträr zu der von ihm vertretenen Kampfkunst Wing Chun mit mir gesucht hatte; ob es nun Frust ob seiner vielleicht nicht gut laufenden Schule gewesen ist oder ob er den (Selbst-)Hass als Folge des Endes einer Liebesbeziehung nach außen transferieren musste – wer zur Kompensation eigener Probleme danach trachtet, anderen Menschen das Leben zu vergällen, darf in meinen Augen nicht als respektabler Kampfkunst-Lehrer angesehen werden, da derartige Charakterfehler solche Leute zum Unterricht an Schülern in einer Kampfkunst, der immer deutlich höhere Ansprüche an den Lehrer stellt als beispielsweise die Tätigkeit lediglich als Trainer, meines Erachtens nach disqualifizieren.

Eine weitere Denkwürdigkeit während der letzten Monate bestand darin, dass mir mittelbar ein „Sifu“ begegnet ist, der für sich in Anspruch nimmt, „traditionelles“ Yip Man Wing Chun zu unterrichten und der dennoch ein Graduierungssystem für geboten erachtet, wo doch jedem, der sich mit den chinesischen Kampfkünsten beschäftigt, bekannt sein dürfte, dass es eben im gesamten Bereich des „Kung Fu“ keine Graduierungssysteme gegeben hat. Der Weg, den beispielsweise Leung Ting mit seinem eigenen Graduierungssystem beschritten hat, stellt eine Abweichung von der althergebrachten Auffassung im "Kung Fu" dar. Nun ist es jedoch so, dass in unserer westlichen Gesellschaft meist nach Qualifikationen und Nachweisen einer Befähigung gefragt wird, die sich eigentlich nur in der Qualität des Unterrichtes und in dem Verhältnis zwischen Schülern und Lehrer widerspiegeln könnte. Doch in den westlichen Kulturen wird dazu ja meist eine andere Auffassung vertreten. Somit sei besagtem Vertreter des Wing Chun seine – sicher auch von marktwirtschaftlichen Erwägungen geleitete – Vorgehensweise verziehen. Nur sollte man dann meiner Meinung nach nicht mehr davon reden, eine chinesische Kampfkunst auf „traditionelle“ Weise vermitteln zu wollen.

Weiterhin erfüllt mich mit großer Sorge ein Trend, der ganz sicher dazu führen wird, dass die Kampfkunst als solche immer weiter verwestlicht und damit einhergehend abgewertet werden wird. Wenn Kampfkunstschulen heutzutage in unserem Lande eine „Marketing-Beratung“ benötigen, um noch weiter existieren zu können, dann liegt hier etwas ganz gewaltig im Argen! Ich möchte hier nur kurz eine Aussage eines solchen „Marketing-Beraters“ präsentieren: „Es kommt zu einer Professionalisierung der Kampfkunstschulen. Nur noch welche mit perfektem Marketing werden überleben. Knallhartes Management und Qualitätscheck ist wichtig.“
Was soll man als Kampfkunst-Lehrer, der seine Schüler mit viel Herzblut zu betreuen bereit ist, von derartigen Aussagen halten? Solche „professionalisierten“ Schulen müssen doch unweigerlich zu Betrieben verkommen, wo die Schüler lediglich noch bloße Nummern als Verwaltungseinheiten darstellen, die jedoch die willkommenen finanziellen Entrichtungen als Gegenleistung zum einer Massentierhaltung gleichenden Unterrichtsbetrieb zu erbringen haben. Wo bleibt da der Mensch, wo das Individuum, wo die familiäre Atmosphäre, die doch gerade in der Kampfkunst so wichtig ist? Wie soll in einem solchen Klima die besondere Schüler–Lehrer–Beziehung gedeihen, welche die traditionellen Kampfkünste immer ausgezeichnet und den Kampfsportarten in ethischer Hinsicht überlegen hat wirken lassen?
Meine persönliche Auffassung über einen würdigen Kampfkunstunterricht schaut jedenfalls anders aus.

Mit diesen ernsten Gedanken verabschiede ich mich von meiner treuen Leserschaft für dieses Jahr und wünsche allen eine friedvolle und besinnliche Adventszeit sowie ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest. Mögen wir uns im nächsten Jahr in hoffentlich alter Frische hier wieder begegnen!

Euer Sifu Kai